Eine Kooperation, die sich bewährt hat
Seit 15 Jahren bieten der Ju-Jutsu Verband Württemberg und der Württembergische Fechterbund eine gemeinsame Trainerausbildung an
Ju-Jutsu und Fechten? Auf den ersten Blick haben diese beiden Sportarten nicht viel gemeinsam, auf den zweiten Blick jedoch umso mehr. So wundert es nicht, dass die jeweiligen württembergischen Fachverbände bereits 2006 eine Kooperation für die Trainerausbildung eingingen, die sich bis heute bewährt hat. Und – zumindest im Verbandsgebiet – einzigartig ist. „Es gibt viele Schnittmengen, beides sind Kampfsportarten, Beinarbeit und Balance sind gefragt“, erklärt Stefan Stöhr, Lehrreferent des Ju-Jutsu Verband Württemberg. Als eher kleinerer Einzelverband habe man wenig Möglichkeiten, zusammen könne man hingegen die Kapazitäten eines Lehrgangs viel besser ausnutzen. Der Grund- und Prüfungslehrgang und auch die Lehrproben werden seit jeher gemeinsam an der Landessportschule Ruit abgehalten. Nur der Fachlehrgang findet in separaten Gruppen statt.
Neue digitale Wege
Doch dann kam die Corona-Pandemie „und auch wir mussten umdenken“, erinnert sich Wilfried Gsching, Landestrainer beim Württembergischen Fechterbund. „Nach den Sommerferien wurde uns klar, dass das so wie bisher nicht mehr funktioniert. Daraufhin haben wir erste Gespräche geführt und uns über die digitale Ausgestaltung von Ausbildungsinhalten Gedanken gemacht“, so Gsching. Initiiert durch Thorben Reimer, Studienleiter an der Landessportschule Ruit, wurde gemeinsam ein grobes Gerüst erstellt, das die drei „Köpfe“ der Kombiausbildung nach und nach mit Details füllten. „Dabei haben wir uns auf alle Eventualitäten vorbereitet. Wir wussten ja nicht, was noch kommt“, ergänzt Stefan Stöhr. Die Ausbildungsreihe kann somit nun auch digital abgeschlossen werden. Für die Referenten und Betreuer stelle dies eine größere Herausforderung dar und doch sei das Online-Angebot unglaublich wichtig, „denn die Leute wollen auch jetzt etwas Sinnvolles tun“, so der Ju-Jutsu-Lehrreferent. Durchgeführt wurden daher zuletzt auch ein Prüferlizenzlehrgang und eine Trainerfortbildung mit jeweils 60 Teilnehmer*innen – mit durchweg positivem Feedback.
Über den Tellerrand hinausblicken
Für die Zukunft bedeute das, dass das eine nicht ohne das andere angeboten werden sollte, sprich als sogenanntes Blended Learning-Konzept. „Wir müssen ein gesundes Mittelmaß finden“, stellt Wilfried Gsching fest und führt fort: „Auf die Präsenz möchte ich nie und nimmer verzichten.“ Qualitativ sei das digitale Angebot auf keinen Fall schlechter, jedoch komme der soziale Aspekt etwas zu kurz. Das Ambiente an der Landessportschule, die Kennenlernspiele, das gemeinsame Sporttreiben, das Ausprobieren der anderen Sportart und die geselligen Abende gehören nun mal dazu. „Es haben sich schon oft Freundschaften zwischen Fechtern und Ju-Jutsuka gebildet. Diese haben sich dann auch mal nach der Ausbildung gegenseitig bei Wettkämpfen besucht“, erzählt Stefan Stöhr freudig. Thorben Reimer sieht weitere große Vorteile der Kooperation zwischen Ju-Jutsu- Verband und Fechterbund: „Überfachliche Themen sind für den ein oder anderen Teilnehmer oft weiter weg. Nicht jeder kommt an die Landessportschule mit der Erwartung, dass diese auch zur Trainerausbildung dazugehören. In der Kombiausbildung kommen die sportartübergreifenden Themen viel besser zur Geltung.“ Die Teilnehmer*innen lernen außerdem, über den Tellerrand hinaus zu blicken. „Die Gleichgewichtsfähigkeit ist zum Beispiel in beiden Sportarten elementar, beide lehren sie aber auf unterschiedliche Weise“, erklärt der Studienleiter. Durch die Möglichkeit, den Blick nach rechts und links zu werfen und andere Wege auszuprobieren, seien die Sportler*innen und Trainer*innen anderen weit voraus. Gute Voraussetzungen also für viele weitere Jahre der erfolgreichen Zusammenarbeit.
Julia Marte

